Hirsch

Über die Herkunft des Namens gibt es verschiedene Versionen. Mit der Bemerkung "Ouh, wie prächtig ist es hier" bringen wir vielleicht weniger zum Ausdruck woher der Name Huprächtigen stammen könnte, aber vielmehr, dass es hier einfach prächtig ist.
Die Geschichte über das Goldene Flies und den Hirsch an der Hausfassade in Mittelhuprächtigen ist ein Versuch, das Geheimnis über die Herkunft des Namens zu lüften.

Erste Spuren


Aktenkundig wurde Huprächtigen nachweislich zum ersten Mal im Jahre 1235. Die urkundliche Erwähnung ist im Kloster Einsiedeln zu finden.
750 Jahre später, 1985, war diese Erwähnung Anlass für ein grosses Fest. "Alte" und "Junge" Huprächtiger trafen sich um dies gebürend zu feiern.

ESSAY zur Namesherkunft


Eine Erklärung zum Namen


Josef Schurtenberger, gebürtiger Huprächtiger und bewanderter Freizeit-Historiker, erklärt die Namensherkunft von Huprächtigen und Flüss:
(Copyright by J. Schurtenberger).


V E R S U C H einer Erklärung der Herkunft der Namen HUPRAECHTIGEN und FLUESS von Josef Schurtenberger
Als Schüler war ich stolz auf die wunderschoene Aussicht, die man von unserem Vaterhaus auf den Sempachersee und die ferne Alpenkette geniesst, aber nicht weniger auf den Namen HUPRAECHTIGEN, der sich so eindeutig von üblichen Namen wie etwa Kohlweid oder Steinweid abhebt, und ich dachte mir der Name komme vom Ausruf: "Hu, wie prächtig", der Jedem auf die Lippen kommt, der den Blick von unserem Hause aus auf den See zum ersten mal geniesst.
Später, als Gymnasiast, hatte ich Gelegenheit von einem Herrn Binkert in Beromünster, der sich im Rentenalter mit Heimatgeschichte und Namensforschung beschäftigte, zu erfahren, der Name stamme vom althochdeutschen "hun- oder hunt-peraht", was Hunds- oder Hunnenpracht bedeute. Auf die Dauer befriedigte mich diese Erklärung nicht, denn unter einer Hundspracht konnte ich mir nichts vorstellen, und Hunnen hat es bei uns nie gegeben, die als Namensgeber in Frage kommen könnten.

Nochmals viele Jahre später, als ich mich dann selber gelegentlich mit alter Geschichte und Erforschung der Familien- und Flurnamen beschäftigte, begegnete mir der Namen "Hellprächtig", den ein Hof im Schächental träg, der von Heilbrechtingen, Hof des Heilbert komme. Dies veranlasste mich, nach einem einschlägigen Namen eines Heiligen zu suchen, der als Namensträger für Huprächtigen in Frage kommen könnte. Und es war nicht schwer, dafür den Namen des heiligen Hubertus zu finden. Wenn der Name Hellprächtig, so dachte ich, vom heiligen Reilbert kommt, dann kann Huprächtigen nur auf den heiligen Hubertus zurückzuführen sein. Die mittelhochdeutsche Endung "bert" in Namen wie Robert oder Hubert entspricht dem heutigen Wort "prächtig". Einen klaren Beweis für die Richtigkeit dieser Ueberlegung bildet zweifellos der Hirschkopf, die Fassade des 1734 erbauten, prächtigen Hauses der Familie Weingartner ziert.

Der heilige Hubertus, im 8. Jahrhundert Bischof von Lüttich, ist Patron der Jaeger, weil ihm während einer Jagdt, die unerlaubterWeise an einem Feiertag stattfand, ein Hirsch mit einem Kreuz zwischenden Hörnern erschien, was dann zu seiner Bekehrung führte. Und der Hirschkopf oder auch nur das Geweih blieb sein Symbol und wurde zum Symbol der Jaeger, die ihn als Patron verehren. Die edlen Herren, die ihm Mittelalter den Hof Huprächtigen bewirtschafteten, waren zweifellos Jaeger und sie weihten ihre Jagdthütte oder ihr Herrschaftshaus, das sie auf ihrer Besitzung errichteten, dem heiligen Hubertus. Zum Zeichen dieser Weihe hefteten sie einen Hirschkopf oder ein Geweih an die Fassade. Bei spätere Neubauten wurde dieses Zeichen immer wieder erneuert und das Symbol gab schliesslich dem Haus und den umliegenden Höfen den Namen: Hof des heiligen Hubertus, Hubertingen, Huprächtigen!


Flüss

Ein wenig schwieriger und vor allem komplizierter ist die Erklärung des Namens Flüss. Auch da liegt eine volkstümliche Erklärung vor, die mir in meiner Jugend allerdings nie bekannt war. Der Name wird auf Zahnfluss oder allgemein auf Fluss zurückgeführt, das
heisst auf Zahnschmerzen oder Rheumatismus, von denendie Pilger nach einer Wallfahrt zur Flüsskapelle geheilt worden seien, eine durchaus logische Namensgebung, denn das Wort Rheumatismus kommt vom griechischen Verb "rhein" gleich "fliessen".
Aber auch dafür habe ich in meiner Studentenzeit eine andere Erklärung gehört, die mir sehr interessant vorkam und die mir daher im Gedächtnis haften geblieben ist. Mein Onkel mütterlicherseits, Pfarrer Alois Muff, behauptete, es hätte früher in der Muttergotteslitanei eine Anrufung gegeben: Unsere liebe Frau vom goldenen Vlies, bitte für uns! Und von diesem Wort "Vlies" komme die Bezeichnung Flüss.



Flüsskapelle

Aber was hat das alles mit der Flüsskapelle zu tun?

Es gab im späten Mittelalter einen Orden vom goldenen Vlies. Gegründet wurde er153o vom Herzog von Burgund, Philipp dem Guten, Vater des in der Schweizer Geschichte sattsam bekannten Karl dem Kühnen. Solche Ritterorden waren damals grosse Mode.
Es waren nicht kirchliche Mönchsorden sondern weltliche Vereinigungen mit politischem und wirtschaftlichem Hintergrund, aber doch starker religiöser Bindung. Es passte dem Gründer des Ordens vom goldenen Vlies gar nicht, dass sein Orden, den er eigentlich der
Schutzherrschaft der Mutter Gottes unterstellen wollte, mit der heidnischen Mythologie in Verbindung gebracht wurde. Er suchte daher ein anderes Symbol gleichen Namens aber mit christlichem Inhalt. Und er fand es.
Im Buche der Richter im alten Testament wird berichtet, dass Gideon von Gott den Auftrag erhalten habe, gegen die Midianiter ins Feld zu ziehen. Er zweifelte aber, dem Auftrag gewachsen zu sein, weshalb er sich von Gott ein Zeichen erbat, das ihm zeigen solle, dass er ganz sicher der richtige Mann für die schwere Aufgabe sei. Er wolle nachts ein Schaffell auf sein Feld legen. Wenn dann am Morgen das Fell vom Tau nass, das Gras daneben aber trocken sei, dann wolle er an den Auftrag Gottes glauben. Und so geschah es. Das Fell troff am Morgen von Tau, das Gras aber war trocken geblieben.
Diese Geschichte aus dem alten Testament wurde von der Kirche im Mittelalter als Symbol für die Empfängnis Mariens durch den Heiligen Geist betrachtet. Daher das alte Weihnachtslied: Tauet Himmel den Gerechten, Wolken regnet ihn herab: Und das Fell Gideons wurde für Philipp zum goldenen Vlies und zum Symbol für seinen Orden. Die Gottesmutter war die Schutzherrin des Ordens. In der Kirche konnte man beten: Unsere liebe Frau vom goldenen Vlies, bitte für uns, ohne an die griechische Mythologie und das Abenteuer Jasons zudenken.
Aber noch fehlt das Bindeglied zur Flusskapelle. Das steht natürlich in keinem Geschichtsbuch und man muss ein wenig seine Phantasie zu Hilfe nehmen, um den Zusammenhang zu schaffen.
Die im Jahre 1679, angeblich von einem Niklaus Anderes aus Nottwil (war das der Baumeister oder der Spender?), erbaute Flüsskapelle, die beim Neubau 1948 leider abgerissen wurde, ohne dass die Grundmauern archäologisch untersucht wurden, und an deren Stelle mit grosser Wahrscheinlichkeit schon vorher ein Bildstöcklein oder eine Kapelle gestanden hatte, stand zwdfellos auf Huprächtiger Boden. Wenn die Liegenschaft, die die Familie Hüsler im Jahre 1692, also nur wenige Jahre nach dem Bau der Flusskapelle, erwarb, 200 Hektaren umfasste, dann gehirte ganz sicher das gesamte Land bis zur Höhe des Nottwiler Berges dazu.
Huprächtigen wurde erstmals im Jahre 1235 urkundlich erwähnt, als der Freie Ulrich von Büttikon seine "Güter zu Hunprechtigen" dem Kloster Engelberg verkaufte. Wie lange das Kloster Engelberg Huprächtigen besass und wer nachher im Laufe der Jahrhunderte sein oder seine Besitzer waren, ist mir leider nicht bekannt. Vielleicht wäre das mit einer Anfrage beim Kloster abzuklären. Es lässt sich aber sehr wohl vorstellen, dass das Kloster oder einer der späteren Besitzer oder ein von ihm eingesetzter Verwalter, Mitglied oder Verehrer des Ordens vom goldenen Vlies war und seine Anhänglichkeit an den Orden mit der Stiftung einer Kapelle zum Ausdruck brachte, die er unserer lieben Frau vom goldenen Vlies weihte.
Da aber das Wort Vlies den Anwohnern bald nichts mehr sagte, wandelte es sich langsam in "Flüss" um und wurde später mit dem Zahnfluss, dessetwegen man zur Muttergottes wallfahrte, in Verbindung gebracht.